Dom St. Marien zu Erfurt

Dom St. Marien

Die den Domplatz beherrschende monumentale Baugruppe von Dom und St. Severikirche ist eine der gewaltigsten Bauschöpfungen des Mittelalters auf deutschem Boden. Jahrhunderte formten an der heutigen Gestalt des Doms. Von der Gestalt des Gründungsbaues liegen keine Nachrichten vor, auch nicht über den 1153 eingestürzten Dom St. Marien. Dagegen sind von dem in der Zeit von 1154 - 1252 errichteten Neubau, einer dreischiffigen Basilika, als Baureste, u.a. fünf Geschosse des Südturms, etwa sechs Geschosse des Nordturms und aufsteigende Mauern des Chorbaues erhalten geblieben. Größere Teile des Baues scheinen schon um 1233 benutzbar gewesen zu sein. Bereits in den letzten Jahrzehnten des 13.Jahrhunderts sind wahrscheinlich größere Erweiterungsbauten geplant worden. Die Vergrößerung des Chors vor 1300 und der Baubeginn des Mittelturms (1301?) dürften Vorarbeiten eines längeren Bauprogramms gewesen sein. Tiefgründige Stützpfeiler tragen rundbögige übereinandergetürmte Gewölbetonnen, die notwendig waren, um das Plateau der steil abfallenden Hügelkuppe zu vergrößern, auf dem der heute noch vorhandene Hohe Chor entstand. Seine Grundsteinlegung erfolgte 1349, die Fertigstellung zwischen 1370 und 1372. Der Chor ist ein Meisterwerk deutscher hochgotischer Architektur. Die Wände sind in große farbenprächtige Fensterflächen aufgelöst. Noch bevor der Hohe Chor begonnen war, wird die Treppenanlage mit ihren 70 Stufen und vermutlich in der Zeit von 1330 bis 1340 der Portalbau, das Triangel, entstanden sein. Die Laibungen des Triangels sind reich mit plastischem Schmuck ausgestattet. Die Gruppe der Apostel lässt erkennen, dass der Meister seine Anregungen aus Reims geholt hat. Die Kreuzigungsgruppe im Giebelfeld ist eine künstlerisch schwächere Wiederholung der Kreuzigung im Naumburger Dom. Die Gruppen der Ecclesia und Synagoge mit den klugen und törichten Jungfrauen sind Ausdruck einer erregten Zeit, der es nicht mehr auf feudale Repräsentation ankam. Die übrige plastische Ausstattung des Außenbaues ist von geringem Wert und zum Teil erst im 19.Jahrhundert eingefügt worden.

Im Jahre 1452 stürzte die Basilika des 13.Jahrhunderts ein. Unter Verwendung von erhalten gebliebenen Mauerresten ist mit erweitertem Grundriss 1455/65 das neue Langhaus als Halle errichtet worden. Ein riesiges Walmdach überdeckte die drei gleich hohen Schiffe. Bei umfangreichen Restaurierungen im 19.Jahrhundert, bei denen das Äußere besonders gelitten hat, war das Dach um 1870 durch ein niedrigeres Satteldach mit je fünf quergestellten Jochgiebeln geziert worden. Durch diese Fehlkonstruktion des Daches entstanden größere Dach-und Mauerschäden, so dass das alte Dach in den Jahren 1967/69 durch ein kupfergedecktes Walmdach ersetzt werden musste. Mit diesem neuen Dach hat der Bau wieder sein ursprüngliches Gesicht. -Zwei Türme mit der Chorwand bildeten vor der Erbauung des Hohen Chores die Ostfassade des Doms. Von den Türmen waren der südliche 1201, der nördliche 1237 fertiggestellt. Der Mittelturm folgte vermutlich in den ersten Jahrzehnten des 14.Jahrhunderts. Die Turmspitzen brannten mehrmals ab (1416, 1472). Bei einer der Wiederherstellungen (1454, 1493/94) erhielten die Türme hohe Helme, wie sie die Severikirche noch heute zieren. Im Jahre 1717 brannten die Spitzen der Domtürme abermals ab; hohe flache Notdächer traten an ihre Stelle. Bei der großen Restaurierung 1853/54 wurden sie durch die heute vorhandenen Spitzen ersetzt. 1970/71 erhielten die drei Spitzen anstelle des Schieferbelags Kupferdächer. Die im Mittelturm hängende große Glocke, die "Gloriosa", gehört wohl zu den größten Glocken der Welt und hat einen besonders schönen Klang. Die tulpenförmige Glocke weist einen unteren Durchmesser von 2,57m auf, ist bis zur Krone 2,50m hoch und wiegt 113,67dt. Im oberen Teil zeigt die Glocke ein umlaufendes Schriftband und an den Flanken zweimal das gleiche Relief einer Maria im Strahlennimbus auf der Mondsichel. An das Langhaus schließen nach Süden die drei Flügel mit den ehemaligen Stiftsgebäuden und dem stimmungsvollen Kreuzgang um einen Innenhof an. Die ältesten Bauteile finden sich an den nördlichen Arkaden des Kreuzganges im Ostflügel. Die bildhauerische Ausgestaltung des Säulen, besonders ihre Kapitelle und die Schlusssteine, sind in ihrer Verschiedenartigkeit zum Teil von besonderer Schönheit. Beachtlich sind die beiden Türbogenfelder im östlichen Kreuzgang (Kreuzigungsszene und Rechtfertigung der Kaiserin Kunigunde) von etwa 1240. Im Inneren bergen Dom und Dommuseum reiche Schätze. Allein der 25m hohe Chor hinterlässt in seiner harmonischen Geschlossenheit einen überwältigenden Eindruck. Alle Schwere ist hier überwunden. Schmale Dienste streben zu den schlanken Gewölberippen empor. Die Wände sind durch 15 hohe, in bunten Farbkompositionen von Rot, Blau, Gelb und Grün leuchtende Fenster aufgelöst; die schönsten sind in der Zeit von 1380 bis Anfang des 15.Jahrhunderts entstanden. Man muss in den Darstellungen mehr sehen als nur Szenen der biblischen Geschichte. Die Bilder zeigen Motive (Architektur, Trachten, Waffen, Geräte, handwerkliche Funktionen). In zwölf alten Fenstern hat sich ein verhältnismäßig unberührter geschlossener Zyklus aus alter Zeit erhalten, wie nur in ganz wenigen anderen deutschen Städten. Er zeigt eine sich über 50 Jahre erstreckende Entwicklung der Glasmalerei.

Der Hochaltar von 1697 fügt sich trotz seiner barocken Gestaltung gut in den gotischen Chor ein. Von den vier auswechselbaren Bildern stammen zwei von dem Erfurter Maler J. S. Beck (1715-1778). - An den Längswänden des Hohen Chors steht das eichene Chorgestühl mit seinen reich geschmückten Rückwänden; Zwischenbacken und Seitenwangen stammen zum überwiegenden Teil aus der Zeit von 1350/60. Die figürlichen kunstvollen Schnitzereien, deren Motive aus dem täglichen Leben entnommen sind, bilden eine besondere Sehenswürdigkeit.

Von der Vielzahl der Kunstschätze, die sich in der Kirche selbst befinden, lässt sich nur einiges andeuten: Aus dem romanischen Dom stammen die Stuckmadonna (als Teil eines Altaraufsatzes) und der Wolfram, beide etwa aus der Mitte des 12.Jahrhunderts. Es handelt sich um großartige Beispiele frühester deutscher Kunst. Die Madonna ist weit entfernt von den liebenswürdigen Ausdeutungen dieses Themas aus dem 14., 15. und 16.Jahrhundert. Ohne menschliche Gefühlsregung, jeder Zoll eine Königin, schaut sie über die Köpfe der sie Betrachtenden hinweg. Bei dem bronzenen Wolfram ist die Strenge ein wenig gemildert. Er trägt seinen Namen nach einer Inschrift am Gürtel, die einen Wolfram und eine Hiltisburg als Stifter ausweisen. Auch der Wolfram geht ganz im Dienst am göttlichen Werk auf.

Im südlichen Seitenschiff befindet sich aus der 2.Hälfte des 13.Jahrhunderts (deutsche "Sondergotik") der Grabstein eines Grafen von Gleichen und seiner beiden Frauen.

Der Grabstein stammt aus der Kirche des Petersklosters. Der Künstler hat sich von der Naumburger Plastik anregen lassen. Wenige Schritte weiter steht der Grabstein des mainzischen Beamten Johannes von Allenblumen mit seiner Gattin, eine Arbeit des 15.Jahrhunderts. Im oberen Teil des Epitaphs bringen die heiligen drei Könige im elegantem Gewand Maria und dem Kind ihre Gaben. Im unteren Teil kniet der Stifter mit seiner Gattin. Sie hat als Symbol der Treue einen Hund unter dem Mantel versteckt. Nicht zu übersehen ist auch das prachtvolle Epitaph des Rechtsgelehrten Henning Göde aus der Vischerschen Werkstatt. Zu den kostbarsten Kunstwerken gehört das bezaubernde Madonnenbild von Lucas Cranach d.Ä. (um 1522) mit der heiligen Katharina und Barbara. Das Bild ist geschickt in einen barocken Altaraufbau eingesetzt. Die Mutter mit dem Kind ganz aus der Empfindung eines bürgerlichen Hausvaters lebend, die beiden weiblichen Heiligen dagegen mit allem kosmetischen Reiz ausgestattete Hofdamen aus der höfischen Umwelt des Malers. Zu den gemalten Kostbarkeiten des Dominneren gehört auch der im Querschiff aufgestellte Einhornaltar aus dem frühen 15.Jahrhundert. Maria sitzt in einem Garten, umgeben von Heiligen und Engeln, auf ihrem Schoß hält sie das goldene Einhorn, das Symbol Christi. Vor dem geflochtenen Gartenzaun stehen Stifter. Aus den Seitentafeln sind Szenen aus der Passion dargestellt. Die Malerei zeigt jene derb-herzhafte Art, wie sie für die Thüringer Kunst charakteristisch ist. Das Bild ist vorzüglich erhalten. Von auffallender Wirkung ist der in den Dimensionen zu groß geratenen Taufstein in der Ecke des westlichen Seitenschiffes. Er gehört ebenso wie das Sakramenthäuschen zu den künstlerisch bescheidenen Zeugnissen der Erfurter Renaissancekunst.

Kontakt

Dom St. Marien zu Erfurt
Pfarrer Michael Neudert

Domstufen 1
99084 Erfurt

0361 6461265
0361 5668916
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Mai - Oktober
(Sommeröffnungszeiten):
Montag - Samstag: 9.30 - 18.00 Uhr
Sonntag/Feiertag: 13.00 - 18.00 Uhr

November - April
(Winteröffnungszeiten)
Montag - Samstag: 9.30 - 17.00 Uhr
Sonntag/Feiertag: 13.00 - 17.00 Uhr

Bilder

Dom und St. Severi-Kirche in Erfurt
Mariendom Erfurt, Triangel, Jungfrauenportal
Mariendom Erfurt, Hochaltar, Holz, 1697
Größte mittelalt. freischwing. Glocke d. Welt
Blick in den Mariendom Erfurt
Musizierende Engel, Detail aus d. Chorgestühl
Mittelschiff mit Hochaltar

Lage



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