Historische Geraer Höhler - Geheimnissvolle Gänge
Wohin mit 1,4 Millionen Liter? Soviel Bier durfte nämlich im 17. Jahrhundert in
Gera jährlich gebraut werden. Wie in anderen Städten auch, hatten die Bürger der Stadt – sofern man Hausbesitzer war – entsprechend den Stadtstatuten von 1487 das Recht, Bier zu brauen. Geeignete Felsenkeller zur Lagerung gab es nicht in der Umgebung. Die findigen Bürger gingen daher in die Tiefe.
Die
Geraer Bierlagerstätten, die sogenannten Höhler, entstanden überwiegend im 16. und 17. Jahrhundert. Wie ein unterirdisches Labyrinth breiten sich die bis zehn Meter tiefen Keller unter der Geraer Altstadt aus. Mehr als 200 Höhler wurden im Lauf der Jahrhunderte angelegt, kreuz und quer neben- und übereinander liegend, und manchmal auch aneinanderstoßend. Gleichmäßige Temperaturen von 12 bis 13 Grad garantierten auch im Sommer jederzeit einen erfrischenden Biergenuss.
Mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 erloschen die alten, privaten Braurechte der Bürger, die Höhler gerieten allmählich in Vergessenheit. Einige wurden als Lagerräume genutzt, andere verfüllt. Im Jahr 1935 erfolgte erstmals eine exakte Vermessung und Aufzeichnung der Höhler. Für die ehemaligen Bierkeller war eine völlig neue Verwendung vorgesehen: Im Falle eines Krieges sollten sie den Geraern bei Luftangriffen als unterirdische Schutzräume dienen.
In den 1980er Jahren rückten die außergewöhnlichen Bauten langsam wieder in das öffentliche Bewusstsein. Zehn Höhler wurden zwischen 1986 und 1989 durch Mauerdurchbrüche miteinander verbunden und können seitdem bei Führungen besichtigt werden. Die Darstellung der verschiedenen Nutzungsarten – als Bierlager, später als Kohlenkeller, Abfallhalden oder Luftschutzkeller – lassen die Geschichte der Höhler lebendig werden, und ganz nebenbei kann man auch die ersten gewachsenen Tropfsteine in den jahrhundertealten Gängen entdecken.
Als Ergänzung zur Besichtigung des Museumshöhlers bietet sich der nebenan liegende Höhler des
Naturkundemuseums mit seiner Ausstellung „Das Einmaleins der Minerale“ an. Die Sammlung bietet etwa 350 prächtige Minerale aus aller Welt.