Kloster Paulinzella

Kloster Paulinzella

Die Ruine der ehemaligen Klosterkirche Paulinzella, ein wichtiges Zeugnis der Hirsauer Bauschule, zählt zu den bedeutendsten romanischen Sakralbauten in Mitteldeutschland.
Das Kloster wurde kurz nach 1100 durch die sächsische Adelige Paulina in der stillen Einsamkeit des Waldes als „Marienzelle“ gegründet. Wenige Jahre später begann die Errichtung der Klosterkirche, für die sich nach dem Tod der Gründerin 1107 allmählich der Name „Paulinzella“ durchsetzte.

Ab 1107 gehörte das Kloster zur Hirsauer Reformbewegung, die nach dem Vorbild des französischen Klosters Cluny eigene Regeln für das monastische Leben entwickelte. Die liturgischen Bedürfnisse des Reformordens förderten die Ausbildung einer bestimmten Raumordnung, an der sich auch Paulinzella orientiert.
Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Anlage als Doppelkloster, anschließend als reines Mönchskloster betrieben. 1534 wurde das Kloster infolge der Reformation aufgehoben und gelangte wieder in den Besitz der Grafen von Schwarzburg. Diese ließen nach 1600 das Jagdschloss errichten. Über lange Zeit dienten Klosterbauten und Kirche als Steinbruch, es drohte der Verlust.
Um 1800 erlangte die Kirchenruine durch das romantische Interesse am Mittelalter wieder zunehmend Beachtung. Auch erste Maßnahmen zur Erhaltung des Denkmals gehen auf diese Zeit zurück. Seit 1994 gehören das Kloster und das Jagdschloss zum Bestand der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten.

Die Klosterkirche wurde zwischen 1105 und 1160 errichtet, beginnend mit dem Chorbereich. Südlich der Kirche entstand der Kreuzgang mit den übrigen Klostergebäuden. Auch der spätere Zinsboden stammt aus dieser Zeit.
Die ehemalige Klosterkirche präsentiert sich als dreischiffige Säulenbasilika mit Querhaus und teilweise erhaltenen Querhausapsiden. Steinplatten kennzeichnen heute die Fundamente des abgetragenen, apsidial schließenden Staffelchores. Monolithe Säulenschäfte mit attischen Basen und Würfelkapitellen tragen die Mittelschiffwand des ehemals flach gedeckten Langhauses. Über den Arkaden verläuft der für die Hirsauer Architektur typische Schachbrettfries, der jeden Bogen einzeln rahmt. Ein steinerner Triumphbogen schließt das Langhaus zur Vierung hin ab. Im nördlichen Seitenschiff sind die in der Vorkirche und im Langhaus gefundenen Grabplatten aufgestellt.

Im Westen sind Reste der dreischiffigen Vorkirche und der früheren Doppelturmanlage erhalten. In der Vorkirche befindet sich das Säulenportal, eines der ersten im deutschsprachigen Raum. Im Bogenfeld ist schemenhaft die Muttergottes mit dem Christuskind als Schutzpatronin des Klosters zu erkennen. Reste von Röteltonzeichnungen zeugen von der figürlichen Bemalung der Bogenläufe. Durch diese ungewöhnliche, offenbar später hinzugekommene Bemalung trat das Portal zum gotischen Skulpturenportal in Konkurrenz, das sich aus Frankreich kommend in ganz Europa verbreitete. Im Seitenschiff der Vorkirche werden Architekturfragmente der Ruine aufbewahrt. Vor dem südlichen Turm steht die romanische Brunnenschale aus dem Kreuzgang des Klosters.

Der nordwestlich der Klosterkirche gelegene Zinsboden geht vermutlich auf das 12. Jahrhundert zurück. Sein Erdgeschoss mit sorgfältig behauenen Quadersteinen und Rundbogenfenstern steht stilistisch auf einer Stufe mit der Kirchenarchitektur. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde ein Fachwerkgeschoss aufgestockt, hier wurden nun die Naturalabgaben der zinspflichtigen Dörfer gelagert.

Beim Ausbau des ehemaligen Klosters zum repräsentativen Verwaltungssitz der Grafen von Schwarzburg entstand 1542 anstelle des Klausurgebäudes der Nonnen das neue Amtshaus. Sein Erdgeschoss wurde aus dem Steinmaterial der niedergelegten Klausurgebäude errichtet, die Obergeschosse in Fachwerk. Heute beherbergt das Gebäude das Thüringer Forstamt Paulinzella und die Ausstellung „Vom Steinbeil bis zur Motorsäge“.


Als letztes Bauwerk im ehemaligen Klosterbereich wurde um 1620 südwestlich des Amtshauses das Jagdschloss errichtet. Das Renaissanceschlösschen zeichnet sich durch eine eindrucksvolle Fassade mit einem aufwendigem Mittelportal und Doppelfenstern sowie zwei Zwerchhäusern mit Treppengiebeln und geschweiften Gesimsen aus. Die Gliederung der Zwerchhäuser ist mit dem Giebel über dem Südportal der 1611 fertig gestellten Reithalle auf Schloss Heidecksburg in Rudolstadt verwandt. Die unregelmäßige Raumaufteilung im Erdgeschoss des Jagdschlosses lässt auf die Einbeziehung älterer Bauteile schließen. Vermutlich wurden Teile des ehemals hier befindlichen Abtshauses in den Neubau integriert.

Das Museum im Jagdschloss, Außenstelle des Thüringer Landesmuseums Heidecksburg Rudolstadt, zeigt die Geschichte des Klosters Paulinzella, verweist auf die Bedeutung der Waldnutzung und geht auf die Entwicklung von Jagdwesen und Forstwirtschaft im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt ein.
Schwerpunkte der Ausstellung sind die Entstehung und Blütezeit der Klosteranlage sowie die Wiederentdeckung der Kirchenruine um 1800. Darüber hinaus steht die Nutzung des Waldes als Lieferant für Nutz- und Brennholz, aber auch als Weidegrund und Rohstoffquelle im Vordergrund. Insbesondere die Wälder um Paulinzella waren wichtige Erwerbsquelle der Bevölkerung und zugleich Schauplätze des aufwendig inszenierten fürstlichen Jagdvergnügens. Abschließend widmet sich die Ausstellung der Entwicklung der Forstwissenschaft, die in Carl Christoph von Lengefeld (1715-1775) ihren herausragenden Vertreter hatte.

© Text: Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten
© Fotos: Henry Czauderna (Thüringen.info)


Kontakt

Kloster Paulinzella
Tourist-Info Paulinzella


07422 Rottenbach

036739 31143
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Öffnungszeiten

April bis Oktober
Mittwoch - Sonntag: 10-17 Uhr

Führungen nach Vereinbarung
Audio-Guide erhältlich

Preise

Normalpreis:
3,50 EUR
ermäßigt:
2,50 EUR (Kinder bis 14 Jahre frei)
Gruppenpreis:
Im Klassenverband: 0,50 EUR je Kind

Bilder

Kloster Paulinzella
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Amtshaus
Jagdschloss
Westportal
Jagdschloss

Lage



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